Hirsch- eine Berührung
aus meinem Arbeitsalltag- Spiritualität ist überall.
Geschichten aus meinem Alltag- psychiatrische Spitex
Heute war ich bei einer Frau, ich begleite sie schon länger, sie ist jünger als ich. Doch ihr Körper ist gezeichnet, durch ihr Leben, ja, wie bei uns allen und doch so eingebrannte Narben das ich den Schmerz spüre.
Sie hatte vor mehr als einem Jahr einen Zusammenbruch- heute wird es Burnout genannt.
Ausgebrannt. So viel hat sie geleistet, 100Prozentgearbeitet…. 2 Kinder… Ehefrau…
Wahnsinn. Oder? Sie hat einfach funktioniert. Bis nichts mehr ging. Ein tiefes dunkles Loch.
Überall Schmerzen, alte Geschichten und Traumas. Alles ist nun da, an der Oberfläche.
Bis jetzt waren viele unserer Treffen im «Kopf», wir sprachen, vor allem über Probleme, alles verlief dorthin, ich versuchte viel Verschiedenes doch der Fokus war immer der negative Kreislauf. (Ist ein Teil des Krankheitsbildes) Ich weiss das… und doch versuchte ich die verschiedensten Ansätze.
Heute, hmm. Heute hat mir ein Klient kurzfristig angesagt, so dass ich sie endlich überzeugen konnte in den Nahegelegenen Wald zu kommen.
Es war ein Deal- ich höre ihr zuerst zu…. Dann kommt sie raus 😊, sie dachte ja wir hätten keine Zeit, da sie so lange sprach… doch ich hatte meinen Joker. Juhuii. Zufall? 😉Nein, ich glaube es musste so sein.
Im Wald war es schön, zumindest für mich…. Ich staunte überdies und dass- so wie ich halt bin… erzählte was ich sah, staunte über die Farben, die Nebelfetzen.
Sie: «Frau Gubler, das sind ja nur Blätter….» mit einem Tonfall der etwas zwischen Kopfschütteln und sich lustig machen war. Dann nahm ich so ein Blatt und zeigte ihr die Schönheit im Detail.
Die Linien des Blattes und dann die Linien ihrer Hand… in diesem Moment sagte sie: «Meine Mutter war auch schon bei einer frau die aus der Hand liest» sie erzählte ein bisschen davon, wir kamen so auf ganz andere Themen, so schön. Sehr befreiend.
Dann erschrak sie und zeigte mit der Hand nach vorne, da stand ein Hirsch (nicht dieser vom Bild- den habe ich am 1.10 gesehen…) Sie standeinfach da. Sie schaute. Er auch. Ich spürte eine Kraft.
Ich kann nicht sagen wie lange, vielleicht war es nur 2 Sekunden, vielleicht 2 min… es ist nicht wichtig. Es war einfach schön. Berührend schön. Dann drehte sich der Hirsch und lief zurück in den Wald, gemächlich. Voller Anmut, Kraftvoll.
Und sie- Sie schaute mich an. Ihr Blick klar. Ihr Herz weit. Sie sagte nichts. Ich genoss diese Stille. Denn es war keine bedrückende stille, sondern Tiefe Herzensstille.
Fast beim Dorf, begann sie wieder, der Fokus auf die Probleme, die Gedanken schienen wieder zu rattern, ich spürte es förmlich….
Für einen kurzen Moment war ich traurig- dann dachte ich beim Verabschieden, ja. Vielleicht war es nicht etwas Weltbewegendes- doch dieser Moment hat sich in ihre Erinnerung gebrannt, dieses Bild, ist nun in ihrem Herz, der warme Blick, die Hoffnung, sie hat es abgespeichert, in ihren Zellen…
Und irgendwann wird dieser Samen Blüten tragen… ich weisses.
Ich ermutigte sie noch es ihrer Familie zu erzählen, vorhin kam ein WhatsApp sie hat es ihren Söhnen erzählt und sie wollten wissen wie ein Hirsch aussieht, dann haben sie gegoogelt….
Ja- darum mache ich das… genau wegen solchen Momenten… harte Arbeit, fordernd, oft zäh und auch schwierig für meine «zarte Seele» … doch ja….Es ist ein Teil meines Weges.
Wisst ihr- die Essenz für mich ist.... ein kleiner Moment kann grosses Bewirken... auch wenn es noch nicht sichtbar ist. Doch WIR verändern die Welt... ja... jeder von uns. Ich glaube daran.
Ich glaube an die Heilung. Zutiefst.
Die Natur ist der beste Lehrer den es gibt. Die Tiere und ihre Botschaften, die Wesen, die Pflanzen, die Bäume... öffne Dich, öffne dein Herz. Ja.